Soll man den Buddha säubern?

18.02.2011

In den letzten Tagen haben wir die ersten Stunden mit warmer Decke und frühlingshaften Sonnenstrahlen auf dem Balkon verbracht. Dabei wurde das ganze Ausmaß des Winters deutlich: viele Blumen sind verwelkt, die Dielen sind grün vermoost und alles sieht noch trist und einfarbig monoton aus. Wann ist der geeignete Augenblick, das endlich zu ändern? In der Ecke auf dem Balkon steht zu Dekorationszwecken ebenso ein kleiner Buddha, den ich einst zu einem Sonderpreis in Wetzlar an der Lahn erworben habe, weil die Spitze seiner Kopfbedeckung abgebrochen ist. Auch der ist vom Moos vereinnahmt und deutlich mehr bewachsen als die Jahre zuvor.

Zunächst habe ich mich gefragt, wie man diese Figur am besten säubert. Doch dann habe ich mich an die Sätze erinnert, die ich vor kurzem in "Buddhas Reden" gelesen habe. In einer Achtsamkeitsübung beschreibt Buddha sehr eingehend, dass sich ein buddhistischer Mönch jahrelang verwesende Körper vorstellen soll und dabei diese Vorstellung auf seinen eigenen Körper anwenden soll. Das hört sich etwa so an:

Dann stellt er [der Bhikku, also der Mönch; TH] sich einen Leichnam vor, der auf dem Totenacker liegt und von Krähen und Geiern oder Schakalen angefressen ist und zieht darin die gleiche Anwendung auf seinen eigenen Körper.

Das ist noch eine der milden Beschreibungen. Für die zahlreichen Buddha-Figuren, die zu Dekorationszwecken auf den Balkonen unserer Städte stehen, könnten diese Äußerungen fatale folgen haben! Man könnte sich fragen, ob es überhaupt dem Buddhismus entspricht, seine Figur zu säubern. Vielleicht sollte man sie – ähnlich wie sich die buddhistischen Mönche verwesende Körper vorstellen – lieber dem Prozess des Zerfalls und der Verwesung überlassen und sich beim Betrachten der zerfallenen Figur die Vergänglichkeit der Welt vergegenwärtigen? Säubern oder nicht?

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